Blick in die Jonakapelle - Andachtsraum der Theologischen Fakultät

Jona-Kapelle/Hanna-Jursch-Raum

Andachts-, Ausstellungs- und Übungsraum der Theologischen Fakultät
Blick in die Jonakapelle - Andachtsraum der Theologischen Fakultät
Foto: Anne Günther (Universität Jena)

Andachts-, Übungs- und Ausstellungsraum in der Theologischen Fakultät Jena

Seit 2012 besitzt die Theologische Fakultät der Friedrich-Schiller-Universität Jena einen eigenen Andachts-, Ausstellungs- und Übungsraum. Zuvor gab es in der Fakultät keinen liturgischen Raum. Studierende, Mitarbeitende und Professoren hatten deshalb die Initiative ergriffen. Mit Hilfe der Universität und dank vieler Spenden konnte das Projekt realisiert werden. Die beiden Namen - "Hanna-Jursch-Raum" und "Jona-Kapelle" - nehmen Bezug auf die jüngere Geschichte unserer Fakultät:

  • Hanna Jursch (1902-1972)

    …studierte und promovierte in Jena und wurde 1956 auf den Lehrstuhl für Kirchengeschichte berufen. Damit wurde sie zur ersten weiblichen Inhaberin eines Theologie-Lehrstuhls in Deutschland. Intensiv beschäftigte sich Hanna Jursch mit christlicher Kunst. Ihr Grab befindet sich heute auf dem Nordfriedhof Jena und wurde im Jahr 2012 als Ehrengrab von der der Stadt Jena in Pflege genommen. Seit 2001 verleiht die EKD alle zwei Jahre einen Hanna-Jursch-Preis für wissenschaftlich-theologische Arbeiten aus der Perspektive von Frauen.

  • Jona, der alttestamentliche Prophet

    …, ruft aus der Tiefe zu Gott ‑ aus dem dunklen Bauch des Fisches. Unser Andachtsraum befindet sich im Keller des Gebäudes und weckt entsprechende Assoziationen. Klaus-Peter Hertzsch (geb. 1930), von 1968 bis 1995 Praktischer Theologe an unserer Fakultät und Ehrenbürger Jenas, wurde auch weit über die Grenzen Jenas hinaus als Verfasser von "Biblischen Balladen" bekannt, darunter die Jona-Ballade "Der ganze Fisch war voll Gesang" ("Wie schön war die Stadt Ninive").

  • Künstlerische Gestaltung der Jona-Kapelle

    Nachdem die Jona-Kapelle in ihrer Grundausstattung fertiggestellt wurde und zwischenzeitlich verschiedene Kunstwerke beheimatete, wurde die künstlerische Gestaltung des Raumes in Angriff genommen. Seit dem Sommersemester 2014 verschönern die Bilder des Künstlers Andreas Kuhn (München) den Raum. Unter dem nachfolgenden Link finden Sie eine ausführliche Beschreibung des Gestaltungskonzeptes, Informationen zum Künstler sowie Bilder.

  • Exposé der künstlerischen Gestaltung für die Jona-Kapelle

    Andreas Kuhn

    Im Zentrum dieses Entwurfes steht das mittig an der Fensterwand angeordnete Werk mit dem Titel "Steigerung" (190 x 150 cm, Öl auf Leinwand, 2009-10). Der Titel läßt zum einen anklingen, dass wir ein mächtiges Anschwellen und Aufsteigen von Farbformationen sehen können: ein auf- und absteigendes Lichtgefüge (hellgelb bis weiss) in der senkrechten Mittelachse des Bildformates und ein von unten und von den seitlichen Rändern zur Mitte hineindrängendes und sich auftürmendes blaues Farbgewoge.

    Die Polarität von Gelb und Blau bildet sowohl einen Hell-Dunkel-, einen Kalt-Warm- als auch einen elementaren Farbkontrast.

    Im Grenzbereich zwischen Gelb und Blau (und auch an einigen Stellen innerhalb des dunklen Blaus) treten zudem kleinräumig begrenzte Rotakzente in Erscheinung, die zusätzliche dynamische Bewegungsimpulse ins Spiel bringen.

    Hier sei ein Hinweis auf Goethes Farbenlehre gegeben. Goethe hatte in seinen Untersuchungen herausgefunden, dass sich sowohl Gelb als auch Blau zu einem Rot hin verdichten lässt. In zwei weissen keramischen Stufengefässen Andreas Kuhn, "Steigerung", Ausschnitt werden eine gelbe und eine blaue Flüssigkeiten jeweils zu den unteren Stufen hin immer dunkler und steigern sich sowohl bei der gelben als auch bei der blauen Flüssigkeit immer mehr zu einem rötlichen Schein. Im Übrigen entdeckte Goethe, dass beim Blick durch das Prisma sich die Spektralfarben an den Kanten zeigen, wo Licht und Dunkelheit aufeinandertreffen.

    Gelb ist die Farbe, die dem Licht, der Sonne am nähesten ist. Gelb kommt auf uns zu, hat Strahlkraft und Heiterkeit und somit positive seelische Erlebnisqualitäten. Gelb ist feierlich wie ein Fanfarenton. Gelb ist aber auch empfindlich gegen Verunreinigungen. Es kann dann grünlich giftig werden, sauer wie eine Zitrone. Blau lässt sich vom lichtesten Himmelblau bis zum dunkelsten Nachtblau modulieren. Blau ist die Farbe der Frische, der Kühle, der Ferne, der Ruhe und der Unendlichkeit. Blau nimmt uns mit in die Ferne, wir können uns vertiefen im Blau. Seit jeher ist Blau als Farbe des Geistes eine spirituelle Dimension eigen.

    Das zentrale Hauptwerk "Steigerung" wird flankiert durch Seitenflügel in Form von zwei quadratischen Bildern. Auf diese Weise könnten die beiden kleinen Fenster verdeckt werden. Da die Seitenflügel mit Teleskopschienen an der Wand befestigt werden, lassen sie sich zur Seite bewegen, um die Fenster dahinter zu öffnen. Das oben ausgeführte Thema der Polarität von Blau und Gelb würde durch die beiden Seitenflügel-Bilder noch gesteigert. Andreas Kuhn, "Blau", Öl auf Leinwand, 72 x 72 cm, 2014 Andreas Kuhn, "Gelb", Öl auf Leinwand, 72 x 72 cm, 2014

    Sitzkissen auf den Holzbänken habe ich vorgesehen, um dem leiblichen Bedürfnis nach Bequemlichkeit entgegenzukommen. Meines Erachtens sollten unsere Sitzknochen nicht unnötig von der Andacht und Kontemplation ablenken. Ich würde auch einen Teppich in Erwägung ziehen, um eine Atmosphäre von Wohlbefinden zu fördern. Sitzkissen und Teppich verbessern im Übrigen auch die Akustik des Raumes, was für die zusätzlich gewünschte Nutzung als Seminar- und Übungsraum, auch musikalischer Art, sehr förderlich wäre.

    Über die anschaulichen Phänomene der Farbgestaltung hinaus, liessen sich auch inhaltliche Überlegungen anstellen, was insbesondere das Bild "Steigerung" mit der Jona-Geschichte zu tun haben könnte.

    Sieht man das blaue Gewoge als Wassermassen, die sich auftürmen und das gesamte Bildgeschehen zu überfluten drohen, so mag einem durchaus der Sturm in den Sinn kommen, der das Schiff in schwere Seenot bringt, auf dem Jona in der Gegenrichtung von Ninive zu fliehen trachtet, wohin zu gehen er von Gott eigentlich beauftragt ist.

    Dieses bedrohliche blaue Gewoge, das mit den roten Akzenten noch ernster wirkt, wird aber von der weisslich gelben Lichtsäule im Zentrum des Bildes ausbalanciert und im Zaum gehalten. Diese Lichtsäule, die eher von oben herunterzufluten scheint, als von unten aufzusteigen, lässt sich durchaus als Gegenkraft lesen. Obwohl sie auf den ersten Blick in ihrer milchigen Milde und ruhigeren Bewegtheit dem gewaltigen Blau unterliegen könnte, hält diese Lichtsäule das gesamte Bildgeschehen dennoch in der Schwebe und paradoxerweise in einem "dynamischen Gleichgewicht". Im Grenzbereich zwischem dunklem Blau und der Lichtsäule in der Mitte erscheinen Akzente von lichtem Rot bis Rosarot - die subtile Leuchtkraft und Leichtekraft von Rosenblüten am Rande der Nacht?

    Die subtile Überlegenheit des Lichtes ist vielleicht nicht weniger überraschend, als es die Begnadigung Ninives ist. Gott stellt Gnade höher als "gerechte" Strafe. Das scheint mir in der Jona-Geschichte die zentrale Botschaft zu sein, die Jona selbst allerdings kaum akzeptieren kann.

    Der Schwebezustand der Lichtsäule mag aber auch an das Verharren Jonas im Bauch des Fisches erinnern, aus dem er erst nach drei Tagen und drei Nächten wieder an Land ausgespien wird, was einer Wiedergeburt oder Auferstehung nahe kommt.

    Der Künstler Joseph Beuys hat einmal gesagt:"Kunst ist zur Schaffung neuer Wahrnehmungsorgane da, die wir vielleicht noch gar nicht haben."

    Wenn im Vorgang der Wahrnehmung des Bildes "Steigerung" an der Grenze zwischen Licht und Dunkelheit nicht nur potentiell das ganze Farbspektrum (siehe Goethes Farbenlehre) aufscheinen kann, sondern metaphorisch gesprochen unser Wahrnehmungsvermögen sich zu steigern vermag zu einer Auferstehung aus dem alltäglichen Grab der medialen Bilderflut, dann könnte diese Bildmeditation ihren eigentlichen Sinn gefunden haben und die von mir vorgestellten Bilder ihren stimmigen Ort in der Jona-Kapelle in Jena.

    Andreas Kuhn

  • Förderung und Finanzierung

    Unser Übungs-, Ausstellungs- und Andachtsraum wird bereits vielfältig genutzt, prägt Leben, Lernen und Lehren, ist aber noch immer nicht "fertig": Durch Spenden wurde er eingerichtet, doch es fehlt noch an wesentlichen Ausstattungsstücken und Arbeitsmaterialien, vor allem aber an der künstlerischen Ausgestaltung. Weitere Spenden werden also gern angenommen.

    Am 19.11.2015 wurde der Raum offiziell eingeweiht. Wir bedanken uns bei allen Beteiligten und für das Engagement für unseren Raum!

    Spendenkonto
    Förderverein Theologische Fakultät Jena e.V.
    Sparkasse Jena-Saale-Holzland
    Kontonummer: 23574
    BLZ: 83053030
    Verwendungszweck: Andachtsraum