Lietzmann

Hans-Lietzmann-Vorlesungen

Professur für Kirchengeschichte
Lietzmann
Foto: UB HUB Berlin; Portraitsammlung

Hans Lietzmann (1875-1942)

wirkte seit 1905 als Professor für Kirchengeschichte an der Friedrich-Schiller-Universität Jena. 1923 wurde er an die Humboldt-Universität Berlin berufen, um dort die Nachfolge Adolf von Harnacks anzutreten. Lietzmann beschränkte sich nicht auf die Erforschung der antiken Kirchengeschichte, sondern verband diese mit neutestamentlicher Wissenschaft, Klassischer Philologie und Archäologie.

In dieser Tradition steht auch die 1995 von Christoph Markschies begründete öffentliche Hans-Lietzmann-Vorlesung. Sie wird jährlich unter Federführung der Professur für Kirchengeschichte von der Theologischen Fakultät in Kooperation mit dem Institut für Altertumswissenschaften der Friedrich-Schiller-Universität Jena, der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften und der Theologischen Fakultät der Humboldt-Universität zu Berlin ausgerichtet. Zu diesen Vorlesungen wird jeweils ein international bedeutender Referent bzw. eine international bedeutende Referentin aus dem weiteren Bereich der Altertumswissenschaften eingeladen. Die Vorträge behandeln zentrale Themen der antiken Religionsgeschichte von Bedeutung für die Gegenwart.

Die Hans-Lietzmann-VorlesungenExterner Link werden im Verlag Walter de Gruyter veröffentlicht.

  • 2023: Dieter Vieweger: Jerusalem - Stadtgeschichte im Zentrum religiöser Traditionen
  • 2022: Emanuela Prinzivalli: The Gospel and the Church. The Words of Jesus during the Institutionalization Process of the Church of Rome (1st-5th century)
  • 2021 (verschoben auf April 2022): Robin Lane Fox: Mixed Marriage and Religious Conversion. Pagan, Jewish, Christian and Muslim
  • 2020: Dr. Kilian Fleischer: Platons Akademie und die Papyri Herkulaneums: Neue Texte durch neue Techniken
  • 2019: Christoph Markschies: Christliche Gnosis als Philosophie? Chancen und Probleme eines traditionsreichen Forschungskonzepts (in Jena)
  • 2019: Katharina Bracht: Emporschwingen und Entfalten. Zur Originalität heteronomer Texte in der Antike (in Berlin)
  • 2018: Einar Thomassen: The Coherence of Gnosticism, Bd. 18, 2021
  • 2017: Wolfram Kinzig: Das Apostolische Glaubensbekenntnis - Leistung und Grenzen eines christlichen Fundamentaltextes (Bd. 17, 2018)
  • 2016: Ortwin Dally: Antike Badeanlagen und ihre Transformation zwischen Spätantike, Frühmittelalter und frühbyzantinischer Zeit
  • 2015: Jörg Rüpke: Gelebte Religion und gebotene Religion: Überlegungen zu Transformationen im römischen Reich (Bd. 16, 2018)
  • 2014: Christoph Horn: Aspekte des Willensbegriffs in der Philosophie der Spätantike
  • 2013: Averil Cameron: Christliche Literatur und christliche Geschichte (Bd. 15 mit Norelli, Bd. 11, 2016)
  • 2012: Gunnar Brands, Antiochia in der Spätantike (Bd. 14, 2016)
  • 2011: Hanns Christof Brennecke: Athanasius von Alexandrien auf dem Konzil von Florenz (Bd. 13, 2016)
  • 2010: Martin Wallraff: Kodex und Kanon (Bd. 12, 2013)
  • 2009: Enrico Norelli: Marcion und der biblische Kanon (Bd. 11 mit Cameron, Bd. 15, 2016)
  • 2008: Stephen Emmel: Schenoute
  • 2007: Hendrik Simon Versnel: Fluch und Gebet: Magische Manipulation versus religiöses Flehen? (Bd. 10, 2009)
  • 2006: Giorgio Philippi: Paulusgrab
  • 2005: Günter Stemberger: Juden und Christen im spätantiken Palästina (Bd. 9, 2007)
  • 2004: Barbara Aland: Frühe direkte Auseinandersetzung zwischen Christen, Heiden und Häretikern (Bd. 8, 2005)
  • 2003: Arnold Esch: Wiederverwendung von Antike im Mittelalter (Bd. 7, 2005)
  • 2002: Georg Deckers: Erotische Kunst in der Spätantike
  • 2001: Albrecht Dihle: Exemplum Socratis und die Wissenschaften
  • 2000: Hans-Dieter Betz: Gottesbegegnung und Menschwerdung (Bd. 6, 2001)
  • 1999: Dieter Timpe: Römische Geschichte und Heilsgeschichte (Bd. 5, 2001)
  • 1998: Guy G. Stroumsa: Kanon und Kultur (Bd. 4, 1999)
  • 1997: Henry Chadwick: Antike Schriftauslegung (Bd. 3, 1998)
  • 1996: Hugo Brandenburg: Die Kirche S. Stefano Rotondo in Rom (Bd. 2, 1998)
  • 1995: Walter Burkert: Klassisches Altertum und antikes Christentum (Bd. 1, 1996)

Hans Lietzmann im NS-Staat

Nach knapp 20 Jahren des Wirkens an der Theologischen Fakultät in Jena wechselte Hans Lietzmann im Jahr 1924 an die Berliner Humboldt-Universität. Die Machtübernahme der Nationalsozialisten sah Hans Lietzmann, der 1932 in die DNVP eingetreten war,[1]  zunächst mit Zuversicht. Dass dies auch an den Universitäten und Theologischen Fakultäten mit Entlassungen jüdischer oder sog. „nichtarischer“ Wissenschaftler einherging, billigte der nationalkonservative Lietzmann, wenn er auch einzelne personelle Verluste beklagte.[2] Die Unruhen, die der Umbau der Universitäten nach nationalsozialistischer Agenda verursachte, wertete er als Begleiterscheinungen einer notwendigen Übergangsphase.[3] 
Seit dem Jahr 1934 entwickelte Lietzmann eine zunehmend kritischere Haltung gegenüber dem Hineinwirken der NS-Politik in die Theologischen Fakultäten.1934 unterstützte er das Gutachten der Marburger Theologischen Fakultät, das den sog. „Arierparagraphen“ für „unvereinbar mit dem Wesen der christlichen Kirche“[4] erklärte.[5] Im selben Jahr schloss er sich der Bekennenden Kirche an.[6] Auch seine Abkehr von seinem Kollegen und dem Unterstützer der Deutschen Christen Emanuel Hirsch, seine Auseinandersetzung mit Erich Seeberg[7] sowie seine Mitgliedschaft in der „Mittwochsgesellschaft“ gehen einher mit seiner zunehmenden Distanzierung vom Nationalsozialismus.[8]

Literaturnachweise:

[1] Vgl. Hans-Udo Rosenbaum, Art. Lietzmann, Hans (1875–1942), in: BBKL 5 (1993), 51.

[2] Vgl. Brief 829, H. Lietzmann an K. Müller, 16. Mai 1933, in: K. Aland (Hg.), Glanz und Niedergang der deutschen Universität. 50 Jahre deutscher Wissenschaftsgeschichte in Briefen an und von Hans Lietzmann (1892-1942), Berlin/ New York 1979, 740.
Vgl. dazu Michael Grüttner, Talar und Hakenkreuz. Die Universitäten im Dritten Reich, München: C.H. Beck 2024, 96.

[3] Vgl. Brief 834, H. Lietzmann an E. Schwartz, 21. August 1933, in: K. Aland (Hg.), Glanz und Niedergang der deutschen Universität, 745. Vgl. Grüttner, Talar und Hakenkreuz, 116.

[4] Der Arierparagraph in der Kirche. Gutachten der Theologischen Fakultät der Universität Marburg (20. September 1933), in: Die Bekenntnisse und grundsätzlichen Äußerungen zur Kirchenfrage des Jahres 1933. Gesammelt und eingeleitet von Kurt Dietrich Schmidt, Göttingen 1934, 178–182.

[5] Vgl. Kurt Aland, Einleitung, in: Ders. (Hg.), Glanz und Niedergang der deutschen Universität,133.

[6] Vgl. Grüttner, Talar und Hakenkreuz, 418. Vgl. Carl Andresen: Art. Lietzmann, Hans, in: NDB 14 (1985), 546.

[7] Vgl. Kurt Meier, Die Theologischen Fakultäten im Dritten Reich, Berlin/ New York 1996, 315f.

[8] Vgl. Christoph Markschies, Art. Lietzmann, Hans, in: RGG4 5 (2002), 369f.